Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.11.2019, V R 30/16, veröffentlicht am 27.02.2020 ECLI:DE:BFH:2019:U.131119.VR30.16.0
Eine rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts lässt sich auch von Todes wegen errichten, also erst im Testament. Die gesetzliche Fiktion des § 84 BGB sorgt dafür, dass eine solche Stiftung – wenn alle Voraussetzungen vorliegen – als schon zu Lebzeiten des Erblassers entstanden gilt. Auf diese Weise kann die erst im Testament errichtete Stiftung auch Erbe werden. In der Beratungspraxis von Fachanwälten für Steuerrecht und Stiftungsrecht und von Steuerberatern führt dies aber immer dann zu Problemen, wenn im Testament unzureichende oder nicht umsetzbare Formulierungen für die Stiftungssatzung enthalten sind. Ist der Erbfall schon eingetreten, müssen die fehlenden oder unklaren Formulierungen aufwendig ergänzt werden, was die Stiftungserrichtung verzögert und Steuernachteile haben kann, was der vorliegende Fall des BFH zeigt.
Hier hatte die Erblasserin in ihrem Testament zwar die Errichtung einer Stiftung angeordnet, aber sie hat nur unscharfe Angaben zum Stiftungszweck gemacht, so dass die Stiftung zunächst nicht anerkennungsfähig war und die Satzung keine Grundlage für die Feststellung der Gemeinnützigkeit bot. Es dauerte nach dem Erbfall volle drei Jahre, bis die Stiftung anerkannt wurde und das Finanzamt die Gemeinnützigkeit feststellte. Für die Zwischenzeit wollte das Finanzamt die Einkünfte der Stiftung besteuern und stellte sich auf den Standpunkt, dass die Steuerbefreiung, die mit der Gemeinnützigkeit verbunden ist, erst ab dem Zeitpunkt der Feststellung, aber nicht rückwirkend gelte. Erbrechtlich würde die Stiftung zwar als schon zu Lebzeiten des Erblassers entstanden gelten, so dass sie auch steuerpflichtig sein könne. Aber diese Fiktion gelte nicht für die Voraussetzungen, die eine Stiftung erfüllen muss, um gemeinnützig und damit steuerbefreit zu sein. Mit dieser Auffassung hat sich das Finanzamt sowohl vor dem Finanzgericht als auch jetzt vor dem Bundesfinanzhof durchgesetzt. Die Stiftung muss damit ihre Einkünfte in den drei Jahren zwischen dem Erbfall und der Anerkennung versteuern.
Für die Beratungspraxis bedeutet dies, dass Stiftungen von Todes wegen erst nach stiftungsrechtlicher und gemeinnützigkeitsrechtlicher Prüfung des Testaments angeordnet werden sollten, um Steuernachteile zu vermeiden.
Wenn Sie Fragen zum Thema Stiftung von Todes wegen und Gemeinnützigkeit haben, stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt und Steuerberater mit meiner Kanzlei für Steuerrecht und Stiftungsrecht in Wiesbaden gerne zur Verfügung.