Urteil des BFH ermöglicht Werbungskostenabzug
ECLI:DE:BFH:2022:U.080322.VIR19.20.0
Wiesbaden, den 23.08.2022
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 08.03.2022, Az. VI R 19/20 (veröffentlicht am 18.08.2022), die Rechte von Geschäftsführern gestärkt, die für Steuerschulden ihrer GmbH in Haftung genommen wurden. Gemäß §§ 69, 34 Abgabenordnung (AO) haften gesetzliche Vertreter, wie zum Beispiel ein GmbH-Geschäftsführer, für Steuerschulden ihrer GmbH, soweit sie Steuerpflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht erfüllt haben. Im entschiedenen Streitfall wurde ein GmbH-Geschäftsführer in Haftung genommen und wollte sodann den von ihm bezahlten Haftungsbetrag als Werbungskosten von seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit absetzen. Das Finanzamt hat den Werbungskostenabzug zunächst ganz, dann teilweise verweigert und sich dabei auf § 12 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) gestützt. Danach dürfen Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Das Finanzgericht hat dem Steuerpflichtigen Recht gegeben und den Werbungskostenabzug zugelassen. Diese Entscheidung bestätigt nun auch der Bundesfinanzhof. Denn Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Zwischen der Tilgung der Haftungsschulden und der Tätigkeit des GmbH-Geschäftsführers besteht aus Sicht des BFH ein klarer Veranlassungszusammenhang, der den Werbungskostenabzug rechtfertigt. Es lagen auch keine besonderen Umstände vor, die diesen Zusammenhang wieder gelöst hätten. Insbesondere hat der Bundesfinanzhof darauf verwiesen, dass Haftungsschulden keine Steuern sind: Haftung ist ein Einstehenmüssen für fremde Steuern. Aus Sicht des GmbH-Geschäftsführers stellt die Zahlung bei der Haftungsinanspruchnahme damit eine Zahlung aufgrund einer eigenen Rechtsgrundlage dar, nämlich aufgrund § 69 und § 34 AO. Da Haftungsschulden keine Steuern sind, steht § 12 Nr. 3 EStG dem vollständigen Abzug einer Haftungsschuld als Werbungskosten nicht entgegen. Für GmbH-Geschäftsführer bedeutet dies, dass im Fall einer Haftungsinanspruchnahme zumindest ein teilweiser Ausgleich auf der privaten Einkommensteuerebene gesucht werden kann.
Wenn Sie Fragen zur Haftung eines GmbH-Geschäftsführers für Steuerschulden und zu den Auswirkungen des BFH-Urteils vom 08.03.2022 haben, stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht mit meiner Kanzlei für Steuerrecht in Wiesbaden gerne zur Verfügung.