BFH-Urteil verschlechtert Abwehrmöglichkeiten für Haftungsschuldner
ECLI:DE:BFH:2021:U.141221.VIIR14.19.0
Wiesbaden, den 24.08.2022
In seinem Urteil vom 14.12.2021, Az. VII R 14/19 (veröffentlicht am 24.03.2022), hat der BFH aufgezeigt, wie niedrig die Hürden für das Finanzamt sind, einen GmbH-Geschäftsführer für Steuerschulden oder Nebenleistungen (Zinsen, Säumniszuschläge) seiner GmbH in Haftung zu nehmen. Im entschiedenen Fall hatte eine GmbH steuerliche Leistungen in Gestalt von Investitionszulagen erhalten. Nach einigen Jahren entfielen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Investitionszulagen. Erst mehrere Jahre später, nachdem die GmbH bereits liquidiert worden war, forderte das beklagte Finanzamt die Rückzahlung der Investitionszulagen. Die GmbH war dazu mangels Vermögen nicht mehr in der Lage. Der GmbH-Geschäftsführer wurde im Streitfall wegen der angefallenen Säumniszuschläge in Haftung genommen. Der Bundesfinanzhof macht klar, dass bereits die Nichtzahlung festgesetzter, fälliger Steuern oder Nebenleistungen zu einem Steuerschaden führt und das Verschulden des GmbH-Geschäftsführers indiziert. Dass die betroffene GmbH zu dem Zeitpunkt, zu dem das Finanzamt Rückforderungsbescheide übermittelt hat, keine Zahlung mehr leisten konnte, war keine ausreichende Entschuldigung für den Geschäftsführer. Aus Sicht des BFH wäre es Aufgabe des Geschäftsführers gewesen, schon Jahre zuvor zu dem Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Investitionszulage entfallen waren, zu prüfen und sicherzustellen, dass die GmbH ausreichende Geldmittel hat, um spätere Rückforderungen des Finanzamts erfüllen zu können. Damit betont der BFH, dass der GmbH-Geschäftsführer und jeder gesetzliche Vertreter, der für Steuern haftet, eine vorausschauende Mittelvorsorge betreiben muss. Ansonsten wird bereits aus der Tatsache, dass die Nachforderung nicht bezahlt werden kann, geschlossen, dass eine Pflichtwidrigkeit vorliegt, die zur Haftung führt. Im Streitfall hat der BFH eine weitere wesentliche Handlungsanleitung für die Abwehr von Haftungsschulden gegeben: Im Streitfall hatte der GmbH-Geschäftsführer erst im Klageverfahren versucht, den Nachweis zu führen, dass die GmbH zahlungsunfähig war. Dies ist aus der Sicht des BFH zu spät: Vielmehr sei der maßgebliche Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung durch das Finanzamt. Dies ist der Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung. Wird die Zahlungsunfähigkeit erst später vorgetragen, ist dies nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht rechtzeitig und kann einer gerichtlichen Entscheidung nicht mehr zugrunde gelegt werden.
Das vorliegende Urteil unterstreicht, wie notwendig zur Abwehr einer Haftungsinanspruchnahme eine langfristige Beobachtung möglicher Steuerrisiken ist. Zudem zeigt die Entscheidung, dass Angaben zur Liquiditätssituation der jeweiligen GmbH in Haftungssachen spätestens im Einspruchsverfahren vorzutragen sind.
Wenn Sie Fragen zur Haftung und zur Haftung für Säumniszuschläge haben, stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht mit meiner Kanzlei für Steuerrecht in Wiesbaden gerne zur Verfügung.